"Sie sind von der Universität, oder?", fragte ich unverfänglich und bemerkte den kleinen Zettel, der vor ihm lag. Er schaute mir skeptisch in die Augen, aber ich hatte nichts zu verbergen. "Ich bin Physiker!", antwortete er. "Ah, relativ und so, kennen Sie Einstein?" "Ja!" "Persönlich?" "Relativ gut!" Immerhin hatte er Humor. "Na ich frag´ nicht weiter nach", ich trank mein Glas leer und bestellte ein zweites.
"Und was schreibt er?", ich nickte zu dem Zettel. Erst verstand er gar nicht, was ich gemeint hatte, dann fiel der Groschen. "Ach das, nein, das ist von einer Mathematikstudentin!" Aha, Studentin. Vielleicht hatte er ja was mit ihr? "Also ich sag immer: 1+1 ergibt 3, wenn eine Frau im Spiel ist."
Seine Laune schien sich über den Witz merklich zu bessern. "Sie liegen völlig falsch. Lesen Sie ruhig!" Und er schob mir den Zettel zu.
"Liebes Neutron, das am Kern eines Atoms in meinem Knie lebt, wenn du nicht aufhörst, herumzuspringen, erzeugst du eine Atomexplosion und zerstörst das Universum."
"Hübsch!", sagte ich und gab´s ihm wieder. "Wahrscheinlich ´ne richtige Bombe!" Irgendwas an meiner Bemerkung war daneben, oder voll ins Schwarze. Er schreckte auf, dankte mir freundlich für den Drink und verschwand.
Als Berufsschnüffler habe ich mal ein bisschen recherchiert, und schnell geriet ich an einen Typ der Regierung, General Groves, und das war mir zu heiß. Viele Jahre später hab ich kapiert, dass der Kerl am Tresen Robert Oppenheimer war und die Atombombe gebaut hat. Nicht alleine, aber er war der Kopf des Ganzen. Die Studentin hieß Therese Hance und hätte nichts von einer Bombe wissen dürfen. Man hat sie einen 6-wöchigen Kurs in Nuklearphysik machen lassen, um herauszukriegen, ob sie eine Spionin ist. Jemand anderes hat mir allerdings erzählt, dass sie damals ein bisschen durchgedreht ist und aus dem Fenster springen wollte, und dass sie ihrem eigenen Knie das Gedicht geschrieben hat. Klingt für mich aber auch nicht unwahrscheinlicher.