Aristoteles berichtet, Pythagoras sei von den Krotoniaten Apollon Hyperboreios genannt worden. Weiter sagt er: Pythagoras wurde einst an ein und demselben Tage und zu ein und derselben Stunde von vielen Menschen sowohl in Metapont als auch in Kroton gesehen und in Olympia, wo er sich während der Spiele erhob und einen seiner Schenkel zeigte, der golden war. Aristoteles erzählt auch: Als Pythagoras einmal den Kosa überschritt, habe der Fluss ihn begrüßt, und viele hätten, so sagt er, diesen Gruß gehört.
Es war nicht möglich, ihm gegenüber irgend etwas in Zweifel zu ziehen oder über etwas, was er gesagt hatte, weitere Fragen zu stellen; man hörte damals auf seine Worte wie auf ein göttliches Orakel. Wenn er in den Städten umherreiste, verbreitete sich der Ruf, Pythagoras sei nicht gekommen, um zu lehren, sondern um zu heilen.
Hat Pythagoras die Philosophie erfunden?
Liebhaber oder Angeber?
Pythagoras ist nach alter Überlieferung derjenige, der zuerst das Wort Philosophie in dem uns geläufigen Sinne verwendete. Es erschien ihm nämlich anmaßend, sich nach der bis dahin üblichen Manier einen sophos, dass18:08 28.03.2006 heißt einen Weisen, zu nennen, und so nannte er sich bescheidener einen philosophos, einen Freund oder Liebenden der Weisheit.
Manch einer sieht das allerdings ganz anders: Nicht Selbstbescheidung ist es, die Pythagoras das Wort Philosoph für sich selbst verwenden lässt, ausschlaggebend dürfte vielmehr das Bedürfnis gewesen sein, die eigene überragende Klugheit und Einsicht von den vielen anderen "Könnerschaften" - dies der ursprüngliche Sinn von sophia - zu unterscheiden und sich vielleicht außerdem von den älteren, noch nicht zu gleicher Höhe gelangten Weisen abzugrenzen.
Cicero berichtet in seinen Gesprächen in Tusculum, dass Pythagoras vom
Fürsten von Phleius gefragt worden sei, "wer denn die Philosophen
seien und was sie von den andern Menschen unterscheide. Pythagoras habe geantwortet,
das Leben der Menschen scheine ihm gleich zu sein wie jener Markt, der im ganzen
Glanz der Spiele und in der Anwesenheit ganz Griechenlands abgehalten zu werden
pflege. Denn wie dort die einen mit trainierten Körpern den Ruhm und die
Ehre eines Kranzes erstrebten, andere mit Aussicht auf Gewinn und Profit durch
Kauf und Verkauf angelockt würden und es endlich eine besondere Gruppe
gebe, die die vornehmste sei und weder nach Beifall noch nach Gewinn strebe,
sondern um des Schauens willen gekommen sei und aufmerksam betrachte, was geschehe
und wie, ebenso seien auch wir gleichsam aus einer Stadt in irgendeinen belebten
Markt gekommen, nämlich in dieses Leben aus einem andern Leben und einer
andern Natur, und die einen dienten nun dem Ruhme, die andern dem Geld. Es gebe
aber einige seltene, die alles andere verachteten und die Natur der Dinge aufmerksam
betrachteten. Diese nennten sich Liebhaber der Weisheit, eben Philosophen. Und
wie jenes das vornehmste sei, zuzuschauen ohne für sich etwas zu erstreben,
so rage auch im Leben die Betrachtung und Erkenntnis der Dinge weit über
alle anderen Beschäftigungen hinaus."
Cicero (1998): Gespräche in Tusculum. liber quintus. cap. 8,9. Übersetzt von Olof Gigon. Düsseldorf.