Am Institut für angewandte Mathematik und im Berlin der Goldenen Zwanziger Jahre geschah es: Hilda verliebte sich in Mises. Die beiden forschten zusammen über Wahrscheinlichkeiten. Immerhin war klar: Mises schätzte sie, aber wie sehr schätzte er sie - als Mensch, als Mathematikerin, als Geliebte? Hilda wusste es nicht. Heiraten jedenfalls wollte er sie nicht. Hilda ließ sich aber trotzdem von ihrem Mann Felix Pollaczek scheiden!
Sie forschten weiter, die Jahre verflogen und schnell war es 1933. Am 30. Januar wählte Deutschland Adolf Hitler an die Macht, und Hilda - inzwischen Professorin - verlor noch im selben Jahr ihren Job, weil sie Jüdin war. In der Ideologie der Nationalsozialisten hatten Juden kein Recht zu leben. Und erst recht hatten sie kein Recht, an der Universität zu forschen. Hilda floh also mit ihrer elfjährigen Tochter Magda aus Deutschland.
Wohin? Nach Istanbul! Dort war es sicher, es gab einen Job für Hilda als Mathematikerin und der Mann ihres Lebens, Mises, war auch dort. Das war erträglich. Heiraten wollte Mises aber immer noch nicht. Hilda lernte türkisch und lehrte sogar auf türkisch! 1938 starb Präsident Atatürk und damit die Sicherheit der Emigranten aus Deutschland. Hilda, Magda und Mises brachen ihre Zelte ab. Auf in die USA - da bedrohten sie keine Nazis - auf in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten!
Für Frauen allerdings waren die Möglichkeiten sehr begrenzt: Hilda fühlte sich hier diskriminiert. In Europa war es ihr Glaube, hier ihr Geschlecht. Sie bekam einfach keine Stelle, die ihren Qualifikationen entsprach. Dabei schätzten die amerikanischen Mathematiker sie und ihre Arbeiten! Mises war leider 620 km entfernt - vier Jahre lang. Und Hilda musste wieder eine neue Sprache lernen, sich zurechtfinden, war alleinerziehend und hat doch alles auf die Reihe gekriegt.
Und dann, plötzlich, aus heiterem Himmel, heirateten Hilda und Mises! Er war inzwischen 60, sie 50. Hilda und Mises - Mises und Hilda - endlich nach über 20 Jahren ein ganz offizielles Paar! Und Hilda wusste jetzt ganz sicher: "Mises liebt mich - wir gehören zusammen!"
